Artur Gruszczak – Professor für Sozialwissenschaften, Lehrstuhlinhaber an der Jagiellonen-Universität Krakau (Lehrstuhl für Nationale Sicherheit ), Hochschullehrer am Centre International de Formation Européenne in Nizza. Forschungsschwerpunkte: Sicherheitsproblematik, europäische Integration und Migration in den Visegrád-Staaten. Verfasser von über 200 wissenschaftlichen Publikationen. Zuletzt erschienen: The Routledge Handbook of the Future of Warfare, Mitherausgeber: Sebastian Kaempf (Routledge 2024); The War Must Go On: Dynamika wojny w Ukrainie i jej reperkusje dla bezpieczeństwa Polski [The War Must Go On. Der Ukraine-Krieg: Dynamik und Widerhall in Polens Sicherheitsbereich] (Verlag Księgarnia Akademicka 2023); „One Threat – Multiple Responses. Countering Hybrid Threats in V4 Countries”, Mitverfasser: Josef Procházka, Pavel Vinkler, Krisztián Jójárt, Zoltán Szenes, Matej Kandrík, Obrana a Strategie 2023, Nr. 1; “Refugees” as a Misnomer: The Parochial Politics and Official Discourse of the Visegrad Four, Politics and Governance, 2021, Bd. 9, Nr. 4.
Thema des Vortrags: Interessendivergenzen der Mitgliedstaaten als Weg zur Marginalisierung der Visegrád-Gruppe?
Die Visegrád-Gruppe (V4) ist ein gutes Beispiel für das unvollendete Projekt der mitteleuropäischen Einheit, einen Versuch, das Spezifische an Mitteleuropa, wo integrative und auflösende Tendenzen aufeinandertreffen, zu manifestieren. Binnen drei Jahrzehnten der Zusammenarbeit von vier mitteleuropäischen Staaten konnte nicht viel erreicht werden. Die Idee ist in ihrer ursprünglichen Form in Erfüllung gegangen: als Solidarität der Nationalstaaten beim Prozess der Befreiung von Abhängigkeiten gegenüber dem sowjetischen Imperium. Die nächste Etappe – die Integration mit der Welt des demokratischen, wohlhabenden und sicheren Westens – offenbarte unterschiedliche Stand- und die daraus resultierenden Streitpunkte. Die russische Militärinvasion auf die Ukraine im Jahr 2022 vertiefte noch die Diskrepanzen in der Politik der jeweiligen Staaten der Visegrád-Gruppe und schmälerte ihre Bedeutung innerhalb der internationalen Beziehungen in Europa.
Angesichts der gegenwärtigen internationalen Situation in Europa und der internen Situation innerhalb der Visegrád-Gruppe stehen die Chancen, sie als einflussreichen Akteur für die Zusammenarbeit in der Region und die Sicherheit in Mitteleuropa zu „retten“, schlecht. Im Zeitalter des Ringens globaler Mächte sind kleine und mittlere Sattten auf die Strategie angewiesen, sich den führenden globalen Akteuren anzuschließen. Die regionale Zusammenarbeit brauchen sie zu dem Zweck nicht.